Manuel Knortz
Sein Werk ist eine atmosphärische, dabei grazil unsentimentale Spurensuche nach menschlichen Heimatorten. Er verfolgt in Holzschnitten, Collagen und Olbildern eine selbstgewisse, fast schmerzlich ruhige, doch überraschend kraftvolle Kunst, die verschiedene landschaftliche Anmutungen oder gar konkrete Verweise in sich trägt. Bestimmend wirkt der bedächtige, sichtbar meditative Bildprozess - das schichtweise Bedecken des Malgrunds mit Farbe, das kritzelnden Zeichnen auf Papier und das konzentrierteSchneiden in den Holzstock -, vielleicht auch eine gelassene Schaffensanalogie zur stillen Westküstenlandschaft. Dieses verlangsamte Wachstum durch den handwerklichen Vorgang verknüpft die präzise Form mit einer fast romantischen Hingabe. Es sind wundervoll unaufgeregte Tafeln und Blätter, die sich Zeit lassen und Raum nehmen. Damit entschleunigt der Künstler unsere Betrachtung: seine Bilder dringen langsam ein und wirken lange nach.
Anlass der künstlerischen Untersuchung von Manuel Knortz ist die heimische Landschaft. Somit fließen existente Räume in seine Arbeiten ein, jedoch nur abstrahiert zum Gefüge der Komposition und zur Ska1a des Farbeindrucks. Im Geviert der Leinwand verflüchtigen sich Landschaftszonen zu scheckigen, horizontalen Farbbändern, verlagert sich reale Räumlichkeit in die enge Nachbarschaft wuchtiger Farbformen, naturgebunden in erdiger Farbpalette. Auf dem Druckbogen stilisieren Baumreihen in abstraktem Schwarzweiß zum kalligraphischen Rhythmus gereihter Linien, Waldboden und Hütten zum perforierten Muster büttenheller Lichtinseln. Sowohl Ölbilder wie Holzschnitte verkörpern dabei das spezifische „Knortz-Prinzip‟: Mit seinen, in der Fläche aufgeklappten Topografien, in denen verschiedene Ansichten nebeneinander liegen, liefert Manuel Knortz gleichsam die Baupläne der Landschaft. Und in dieser Weltgeometrie herrscht eine Art „Faltkarten-Schnitt“ damit man die Eiderstedter Landschaft - sozusagen mit der Post in die Welt verschickt - anderenorts autbauen und aufstellen kann.
Ebenso wichtig sind die hintersinnigen Bildtitel, die oftmals als grafische Struktur ins Bild gesetzt sind und wie alle Schriftkürzel eine Art Koordinaten erbringen, mein Liebling; „ Einmal große Heimat rot-weiß, ohne alles‟. Sie erklären mitnichten die Arbeiten, aber es besteht doch ein wesenhafter Zusammenhang, denn die Sentenzen beschreiben sonderbare Situationen, deren rätselhafte Atmosphäre in die Bildwerke eingegangen ist.
Entscheidend für sein malerisches wie grafisches Werk ist diese anmutige Dichotomie zwischen spontan Erlebtem und einer ordnenden Systematik, denn Manuel Knortz sucht immer nach Strukturen, nach Strukturen in der Welt und in seinen Bildern. Kennzeichnend ist deshalb die Verbindung von durchaus konstruktiven Formen und der Natur entlehnter Erscheinungen, bildlogischer Strenge und freier Imagination, die sich zu einer eigenwilligen Bildsprache ausbilden. Das Bild ist weniger exakte Bestandsaufnahme denn ortsgebundenes Psychogramm, künstlerischer Widerschein von Erlebnissen und Begegnungen mit Landschaften, Stimmungen und der Architektur vertrauter Räume. Es geht in diesen Bildern um das fundamentale Gefühl des Beheimatetseins, um die Selbstvergewisserung vor Ort, um Identität und Erinnerung, letztlich also um Orientierung, um das Zurechtfinden in einer bisweilen durchaus chaotischen Welt.
In den Bildern von Manuel Knortz gewinnt der Begriff „Heimat‟ eine ganz neue Bedeutung: Heimat wird hier zum fortlaufenden Generalbass menschlichen Lebens.
Jens Martin Neumann,
Kunsthistoriker